Die Reihe VIm/651 der MAV/ KsOd/ Br 51.0 der DRB 


I. Die Geschichte der Mallet-Lokomotiven

Der Schweizer Anatole Mallet (1837-1919) kam über Umwege zur Eisenbahn. Zuerst baute er Hafenanlagen und war auch an der Vorplanung des Suezkanals beteiligt. Anfang der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts meldete er ein Patent auf das Verbundsystem bei Lokomotiven an. Das Prinzip fand vorher schon bei Schiffsdampfmaschinen Verwendung. Beim Verbundsystem wird der Dampf zuerst vom Dom in den kleineren Hochdruckzylinder geleitet. Nachdem er dort seine Arbeit verrichtet hat gelangt er mit verringertem Druck in den Niederdruckzylinder und entweicht dann durch den Schornstein ins Freie. Dieses Prinzip fand erstmals 1876 bei einer Lokomotive der Bahnlinie von Bayonne nach Biaritz seine Anwendung. Die Idee war, eine möglichst kurvengängige Lokomotive zu entwickeln, die über eine große Zugkraft verfügt. Die bereits bekannten Bauarten Meyer und Fairlie hatten den entscheidenden Nachteil, dass durch ihre zwei beweglichen Fahrzeugteile die Dampfzufuhr schlecht dichtgehalten werden konnte. Außerdem besaßen sie schlechte Laufeigenschaften aufgrund der beweglichen Triebgestelle auf. Mallets Lokomotivkonzept sah vor, den hinteren Teil des Triebwerks mit den Hochdruckzylindern fest im Rahmen zu lagern, während das vordere Niederdrucktriebwerk beweglich war. Dieses Konzept beruhte auf dem Verbundsystem. 1884 ließ er sich seine Entwicklung patentieren. Die erste Mallet-Lokomotive beförderte 1889 auf der Pariser Weltausstellung sechs Millionen Besucher. Sie lief auf 60cm Schmalspurgleis. Die Laufeigenschaften waren zwar besser als bei den anderen Gelenklokomotiven, allerdings hatten auch sie den Nachteil relativ hoher Unterhaltskosten durch die zwei getrennten Triebwerksteile, weshalb sie sich auf Dauer bei europäischen Bahngesellschaften nicht durchsetzen konnten. Gegensätzlich verlief die Entwicklung in den USA, wo teilweise riesige Lokomotiven mit hohen Geschwindigkeiten verkehrten, wie z.B. die "Challenger" der Union Pacific.

Die Reihe VIm/651

Denkt man an Ungarn hat jeder ein flaches Land mit ausgedehnten Ebenen, das höchstens von ein paar Hügelketten durchzogen wird vor Augen. Das dieses Land aber einige der betrieblich schwierigsten Eisenbahnstrecken besaß, ist heute relativ unbekannt. Das Staatsgebiet Ungarns umfasste bis 1918 ein wesentlich größeres Gebiet als heute. So gehörten große Teile der heutigen Slowakei, Kroatien und das heute zu Rumänien gehörende Siebenbürgen zum ungarischen Staatsgebiet. Die Strecken in Kroatien wurden von der 1868 gegründeten ungarischen Staatsbahn MAV (Magyar Államvasutak) betrieben. Hierbei besonders hervorzuheben ist die Strecke durch den Karst von Karlovac (Karlstadt) nach Rijeka (Fiume), welches der ungarische Hafen an der Adria war. Um eine durchgehende Strecke nach Budapest zu schaffen kaufte die MAV der k.k.priv. Südbahngesellschaft das Streckenstück von Zagreb (Agram) nach Karlstadt ab. Von Rijeka bis zum Scheiteltunnel stieg die Strecke auf 50 Kilometern bis auf 1225 Meter über dem Meeresspiegel an. Durchschnittlich wies sie einen Bogenhalbmesser von 250 Metern auf und stieg im Mittel um 25 Promille an. Schon vor 1900 wurde der Bogenhalbmesser auf 275m vergrößert und die Achslast zwischen Rijeka (Fiume) und Karlovac(Karlstadt) auf 16,5 Tonnen erhöht. Bis 1898 musste man sich mit D-Kupplern auf den Steilstrecken behelfen, die aber auf Dauer den Anforderungen nicht entsprechen konnten. So wurden ab 1898 mit der Reihe IVd die ersten Mallets mit der Achsfolge (B´)B in Dienst gestellt. 1909 kamen dann die ersten Maschinen der Reihe VIm in Betrieb. Der Kessel war weitgehend von einer weiteren Vorgängerbaureihe mit der Reihenbezeichnung IVe, einer (1´B´)B Mallet, übernommen worden. Die IVe war erst 1905 in Dienst gestellt worden, war mit 1220 PS zwar recht leistungsfähig, verfügte aber nur über vier angetriebene Achsen und  konnte somit diese Leistung nicht adäquat auf das Gleis bringen. Bei der VIm wurde die Stärke des Kesselblechs etwas verringert, um Gewicht zu sparen. Ihr Achsdruck war etwas niedriger gewählt als bei der IVe, da letztere wegen ihrer 16,5 Tonnen Achsdruck nur auf der Karststrecke nach Karlovac einsetzbar war. Als Achsfolge wählte man nun (C´)C, das Triebwerk war ein n4v. Die Leistung betrug 1330 PS. Ihre Höchstgeschwindigkeit war mit 50km/h relativ niedrig. Für den Raddurchmesser waren 1220 mm gewählt worden und die Konstrukteure gaben der ersten Achse der Hochdruckmaschine eine leichte Seitenverschiebbarkeit. Anders als in Österreich, wo die Saugluftbremse üblich war, hatten die ungarischen Lokomotiven Westinghouse-Bremse. Kurios mutet an, dass die ersten beiden Lokomotiven der Reihe VIm ohne Bremse ausgeliefert wurden! Bis 1914 lieferte die Maschinenfabrik der MAV 58 Lokomotiven aus. Die 1866 konzessionierte Kaschau-Oderberger-Bahn, eine kleine Privatbahn mit 429 km Gesamtstrecke, deren ehemalige Strecken heute zur Gänze auf slowakischem Staatsgebiet liegen, hatte in Österreich-Ungarn eine wichtige Funktion des Warentransports zwischen Schlesien und Ungarn. Vor allem Kohle, Erz, Holz und Agrarprodukte wurden von der KsOd transportiert. 80% ihrer Einnahmen erzielte die Bahngesellschaft aus dem Güterverkehr. Ihre Verstaatlichung erfolgte am 1.2.1921 durch die CSD. 16 Maschinen der Reihe VIm wurden für die KsOd in Budapest (Maschinenfabrik der MAV) 21 bei Floridsdorf in den Jahren 1912, 1914, 1919 gebaut. Die ab 1914 gelieferten Loks erhielten Brotankessel und vierachsige Tender, die Maschinen der MAV liefen durchweg mit dreiachsigen Tendern. Der Brotankessel ist eine Sonderbauart und besteht aus gewalzten Rohren, sowie einer Doppelkesseltrommel. Vor allem während des 1. Weltkriegs konnte man durch diese Bauweise dem Mangel an Kupfer entgegenwirken, welches sonst für den Bau der Feuerbüchsen verwendet wurde. Die MAV setzte auf der Strecke von Fiume nach Karlstadt 30 dieser Loks ein, die restlichen fuhren in den Karpaten und in Siebenbürgen. Ab 1912 beförderten sie auf der Karststrecke auch Schnellzüge. Bereits 1914 konstruierte man eine noch größere und stärkere Maschine mit der Achsfolge (1´C´)C-h4v. Nach 1918 verblieben lediglich fünf Lokomotiven bei der MAV, die anderen gingen an die CFR (39) und die JDZ/SHS (11). Die vierzig Maschinen der CSD waren vor allem die der ehemaligen KsOd. Vier Stück verblieben auch kurzzeitig bei der FS, die sie aber wahrscheinlich nicht im Betrieb hatten und sie deshalb auch nicht umzeichneten. Als die Tschechoslowakei von Deutschland besetzt worden war, reihte die DRB die Lokomotiven in die Baureihe 51.0 ein. Nach 1945 hatte es auch fünf der Loks zur ÖStB verschlagen, die aber großteils bis 1948 an die MAV bzw. die CSD zurückgegeben wurden. Eine, die ehem. 651.046 verschlug es zur PKP. Da nach 1945 viele der Strecken, für die die VIm gebaut worden waren, elektrifiziert wurden, hatte man keine so rechte Verwendung mehr für sie und musterte die Lokomotiven nach und nach aus. Die letzte, 651.029 wurde 1962 abgestellt und verschrottet. Leider blieb keine einzige der Nachwelt erhalten.

Class VIm/651

Some of the most difficult railway routes of Europe were located in Hungary. This fact is today nearly unknown. One of this lines reached from Rijeka (Fiume) to Karlovac (Karlstadt). Today this is located in Croatia, but until the end of WW I Croatia was a part of the Hungarian Kingdom. Over adistance of 50 km (30miles) the track raised from sea level up to 1225m (3600 feet). Very soon the Royal Hungarian Railways MAV started projects for strong locomotives for this line. The highlight was the class VIm which entered service in 1909. The VIM (later renamed into class 651) was the third type of articulated locomotives for this line. The articulated type was the best choice because of the narrow curves between Rijeka and Karlovac. The maximum speed of the VIm was 50 km/h (30mph) and the indicated power was 1330 psi. Until 1914 58 locomotives were delivered by the machine factory of the MAV for the Royal Hungarian Railways. Another 37 were ordered through the k.k.priv. Kaschau-Oderberger Bahn and built by Vienna-Floridsdorf. Some of them were equipped with a Brotan-Boiler. All the KsOd VIm remained in Cechoslovakia after 1918. The MAV used this locomotives also for the Carpathian mountain lines. For this reason 39 of them came to the Romanian Railways (CFR). Another 11 were in service for the JDZ/SHS (Jugoslavia). Only five locomotives remained in Hungary. After the german occupation of Cechoslovakia the CSD Mallets (class 623) were integrated into the DRB class 51.0.
Because after WWII many lines on which the VIm were in service, were electrified there was no more use for this engines and they were scrapped step by step until 1962. There is no one of them preserved.



Verfügbarkeit: demnächst verfügbar


4308 Besucher Copyright 2024 Micro-Feinmechanik